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Exkursion im Fach Geschichte nach Auschwitz

Einige Tage sind nun schon vergangen, seit wir, 30 Schülerinnen und Schüler der 12. Klassen, aus Polen zurückkehrten.

Die lange Fahrt in die polnische Ortschaft Oświęcim hatten wir am Montag, den 4. Dezember 2023, angetreten, begleitet von Herrn Winkler und Herrn Seidel. Mit dem Besuch des Stammlagers begann das Programm der Exkursion am Dienstag. Vor Ort angekommen, warteten schon die Guides, die uns in den nächsten beiden Tage begleiten würden, um uns den Aufbau und die Funktion des Konzentrations- und Vernichtstungslagers genau zu erklären und damit unser Unterrichtswissen zu vertiefen. Bereits der Besucherempfangsbereich des ehemaligen Stammlagers war sehr eindrucksvoll: Innerhalb eines langen Gangs, welcher zum Konzentrationslager führte, wurden sämtliche Namen der Opfer des Holocausts verlesen. Ein mulmiges Gefühl breitete sich bei uns spätestens bei dem Passieren des Tors mit der Inschrift „Arbeit macht frei“ aus, welches den ursprünglichen Eingang des Vernichtungslagers darstellt. Das einstige Stammlager besteht aus zahlreichen Backsteinblocks, welche bereits vor dem Zweiten Weltkrieg als polnische Artilleriekaserne dienten. Mit der deutschen Besetzung Polens ab 1939 fiel die Kaserne als geeigneter Gebäudekomplex für ein Konzentrationslager ins Auge der Nationalsozialisten. Heutzutage sind die ehemaligen Häftlingsunterkünfte als Museum aufbereitet, weshalb es für uns in Auschwitz I möglich war, einen Eindruck der damaligen Lebensbedingungen im Lager zu erhalten. Jeder einzelne „Block“ nahm damals eine andere Funktion ein. So wurden wir unter anderem durch den ehemaligen Gefängnisblock und die chirurgische Abteilung geführt, wo der berüchtigte Lagerarzt Dr. Mengele menschenverachtende Experimente an Zwillingen durchgeführt hatte. Der Rundgang ging weiterhin durch Blöcke, die auf ganz unterschiedliche Weise die furchtbaren Lebensverhältnisse der Häftlinge veranschaulichten sowie entlang des Exekutions- und des Appellplatzes des Lagers, wo die Gefangenen bei jedem Wetter und jeden Tag stundenlang gezählt und regelmäßig selektiert wurden. Eine solche Selektion fand oftmals aufgrund des geschwächten körperlichen Zustands des Häftlings statt, wenn dieser als nicht länger „arbeitsfähig“ eingeschätzt und dementsprechend „aussortiert“ wurde. Die musealen Ausstellungen in den verschiedenen Blocks und Baracken vermittelten uns ein erschreckend-anschauliches Bild vom Schicksal der Millionen Holocaust-Opfer: Räume voller Schuhe, Haare, Töpfe, Prothesen, Brillen und Koffer stehen hier für ein bis heute kaum fassbares Verbrechen der Nationalsozialisten: Der Massenvernichtung unschuldiger Menschen allein aufgrund ihres Glaubens und ihrer angeblichen „Andersartigkeit“. Besonders bewegend war eine Ausstellung, die das Leben der Kinder im Holocaust thematisierte. Gleichermaßen sehr berührend wirkte auf uns eine Videoinstallation zum Leben der Juden vor der Shoah als Kontrast zu dem im Konzentrationslager: Bilder und Videos von Juden aus ganz Europa, die in ihren Gemeinschaften ein friedliches Leben genießen, abseits von Gewalt und Terror. Der Vernichtungswahn der Nationalsozialisten war präsenter und bedrückender denn je, als unsere Guides uns durch die frühere Gaskammer und das Krematorium führten. Es ist nach wie vor kaum zu begreifen, was sich an diesem Ort zugetragen hat. In einem geringen Maße greifbarer wurden für uns die furchtbaren Verbrechen durch Einzelschicksale, die während der Führung wieder und wieder im Fokus standen, so etwa auf diversen, mit Lebensdaten und der Aufenthaltsdauern im Lager versehenen Portraitfotos. Eben jenen Fokus untermauerte auch der anschließende Workshop, welcher das Arbeiten mit alten Dokumenten, darunter Häftlingsbriefe und Überführungsschreiben, beinhaltete.

Am Mittwoch erwartete uns ein geführter Rundgang durch das Vernichtungslager Auschwitz II-Birkenau, welcher mit einer Besichtigung des Turms an der Rampe begann, welche uns einen weiten Blick über das Lager ermöglichte. Die Rampe bildete jenen Ort, wo durch eine Selektion der neu angekommenen Häftlinge über deren Schicksal – sofortiger Tod in der Gaskammer oder Vernichtung durch Arbeit – entschieden wurde. Im Rundgang inbegriffen war auch die Besichtigung einiger Isolations- und Todesbaracken des ehemaligen Frauenlagers, welche uns den grausamen Umgang mit erkrankten und völlig entkräfteten Häftlingen verdeutlichte. Trotz all der besuchten Gebäudekomplexe, darunter Wohn- und Waschbaracken und der Turm des Lagertors, war es schier unmöglich, das volle Ausmaß des Lagers und damit die Dimension der Vernichtung zu begreifen. Schwierig gestaltete dies zusätzlich der Schnee, der das Lager und damit einen Teil seiner Geschichte unter einer weißen Decke begrub.In einem gewissen Kontrast zur Besichtigung von Auschwitz I und II stand für uns als Gruppe am Mittwochnachmittag der Aufenthalt in einem Museum in der Ortsmitte Oświęcims, wo wir mehr über das dortige jüdische Leben vor dem Holocaust erfuhren. Im Rahmen des Besuchs durften wir auch eine Synagoge besichtigen und einige interessante Fakten über das Judentum selbst lernen.

Ähnlich verhielt es sich mit dem Programm am Donnerstag, welches uns in Krakau erwartete. Dort war es uns aufgrund einer geführten Tour durch das ehemalige Ghetto Krakaus und das jüdische Viertel möglich, mehr über die Geschichte der polnischen Juden zu erfahren. Heutzutage ist das ehemalige Ghetto nur schwer zu erkennen, allein Überreste der Ghettomauern und einige Einschusslöcher an Häuserfassaden lassen auf die besondere Geschichte jenes Stadtteils schließen. Im Rahmen der Stadtbesichtigung erhielten wir auch die Möglichkeit, einige Schauplätze des Steven Spielberg Films „Schindlers Liste“ zu besuchen, darunter einen der Innenhöfe, in dem die Szene der Räumung des Krakauer Ghettos spielte. Anschließend erhielten wir einige Stunden Freizeit, welche wir in der Innenstadt Krakaus verbrachten. Nach diesem gelungenen Abschluss stand nach einer sehr informativen, emotionalen und lehrreichen Woche am Freitag nur noch der Heimweg auf dem Programm. Nun arbeiten wir bereits an der Nachbereitung der Fahrt, so ist ein öffentlicher Präsentationsabend am 29. Januar 2024 in Planung, zu welchem Sie herzlich eingeladen sind. Zudem ist es uns ein Anliegen, einen besonderen Dank an die sachsen-anhaltinische Stiftung Arbeit und Leben e.V. zu richten, welche die Exkursion durch finanzielle und organisatorische Unterstützung erst ermöglichte. Des Weiteren stand uns, dank der Stiftung, die ganze Woche über der fachkundige pädagogische Begleiter Lorenz Kühne zur Seite, welcher uns insbesondere abends in den Reflektionsgesprächen bei der Bewältigung der emotionalen Last half.

(Text: Liv Zagrodnik und Amelie Stadel, 12.4)

Das Eingangstor des Stammlagers Auschwitz I (Foto: Amelie Stadel)

 

Das Lagertor des Vernichtungslagers Auschwitz Birkenau (Foto: Liv Zagrodnik)

 

Die mitfahrenden Schülerinnen und Schüler des SJGs 12 und Lehrer (Foto: Lorenz Kühne)

 

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